Dienstag, 26. Oktober 2021

Prominenter Besuch im digitalen Klassenzimmer 

Mo Asumang zu Gast in der FOS 12.2 Im Rahmen des Englisch- und Religionsunterrichts besuchte Mo Asumang die Fachabiturklasse FOS12-2 am Montag, 27.09.2021, live per Videoübertragung. Die Filmregisseurin, Autorin, Schauspielerin (bekannt durch beispielsweise Roman Polanskis Film „The Ghostwriter“) und erste afrodeutsche Moderatorin in Deutschland, stellte in einer Doppelstunde Auszüge aus ihrem Dokumentarfilm „Die Arier“ vor und stand anschließend den vielen Fragen der Schülerinnen und Schülern in der Videokonferenz Rede und Antwort.  

 

Persönlicher Bezug zum Thema 

 

Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen mit rassistischen Anfeindungen und Gewaltandrohungen hat sich Mo Asumang das Ziel gesetzt, das Thema Rassismus in Bildungseinrichtungen nicht nur anzusprechen und darauf aufmerksam zu machen, sondern gleichzeitig auch Möglichkeiten auf kommunikativer Ebene aufzuzeigen, wie man rassistischen Äußerungen im Alltag begegnen kann.  

 

Der Dokumentarfilm „Die Arier“  

 

In ihrem Dokumentarfilm „Die Arier“ gewährt Mo Asumang einen Einblick in die Gedankenwelt von Neonazis – hierzu setzt sie sich einleitend mit dem von Neonazis immer noch verwendeten und für sich beanspruchten Begriff „Arier“ auseinander. Zum Erstaunen der Schülerinnen und Schüler führt die Begriffserklärung Mo Asumang nicht zum Nationalsozialismus und zu Hitlers Rassenideologie, sondern in den Iran. „Arier“ ist ein Begriff, welcher vor 2500 Jahren das erste Mal fiel und das zentralasiatische Hirtenvolk bezeichnete. Die „tatsächlichen“ Arier kommen aus dem Iran, der übersetzt heißt: „Reich der Arier“. „Arisch“ meint somit nicht „deutschblütig“ – Hitler hat den Begriff für seine Ideologie verfälscht. Mit dieser Erkenntnis gewappnet interviewt die Schauspielerin deutsche Neonazis, geht ihren Motiven auf den Grund, befragt einen Aussteiger aus der rechten Szene, reist sogar nach Amerika, um sich dort mit dem ehemaligen Leiter des Ku-Klux-Klans, Tom Metzger, einem der bekanntesten Rassisten, zu treffen. Der Hassprediger hat eine eigene Radiosendung und geht davon aus, dass seine Äußerungen ihn in Deutschland 10-20 Jahre Haft einbringen würden. Tom Metzger erklärt Mo Asumang vor laufender Kamera, ihr Vater habe „Gen-Entführung“ betrieben und seine Rasse „verfeinert“, indem er mit Mo Asumangs Mutter, einer weißen Frau, ein Kind, nämlich Mo, gezeugt habe. Die Angst vor „Rassenzerstörung“ treibt ihn um. 

  

Asumangs Gesprächsführung im Interview mit Rassisten und Wirkung auf die Schülerschaft  

 

Beeindruckend während dieser Interviews ist Mo Asumangs mutige Gesprächsführung. Trotz der sehr unangenehmen und gefährlich wirkenden Gesprächsatmosphäre lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen und fragt weiter geduldig und freundlich nach. Selbst als Tom Metzger ihr erklärt, sie stamme aufgrund ihrer Hautfarbe wohl eher vom Affen ab als die weißen Menschen und sie mit in den Zoo nehmen möchte, um ihr die Ähnlichkeit zu zeigen, bleibt sie professionell. Durch diese Art der Kommunikation, das stetige, ruhige und eloquente Hinterfragen der Ansichten ihrer Gesprächspartner, gelingt es ihr, die Argumentation ihres Gegenübers zu schwächen, auch wenn die Einsicht oftmals leider ausbleibt. Nichtsdestotrotz hat sie den Schülerinnen und Schülern auf bemerkenswerte Weise einen Weg aufgezeigt, sich aktiv mit rassistischen Anfeindungen auseinanderzusetzen – so unangenehm diese auch sind. „Stellt Fragen“ rät Asumang den Schülerinnen und Schülern und „hört nie auf damit und zeigt Zivilcourage“. Neugierig und offen auf diese Menschen zuzugehen kostet Kraft, aber es kann sich lohnen. Ihre kürzlich verstorbene Freundin, Esther Bejarano, erklärt ihr im Film, dass diese Art der Auseinandersetzung nichts für sie selbst sei. Als Überlebende des Holocausts, die Zeit ihres Lebens gegen antisemitisches und rassistisches Gedankengut kämpfte, hält sie Mo Asumangs Absicht, mit Nazis ins Gespräch zu kommen, um eventuell eine Art der Reflexion anzuregen, für sinnlos. Sie favorisiert eine andere Herangehensweise. Sie will mit Nazis „persönlich nichts zu tun haben“ und bekämpft durch öffentliche Auftritte in Schulen Antisemitismus und Rassismus. Zwei Wege – eine Richtung. So endet der Film mit Mo Asumangs Worten: „Eines weiß ich sicher, wenn man etwas dazu beitragen möchte, das Problem mit dem Rassismus zu lösen, muss man bereit sein, etwas von der eigenen Kraft abzugeben.“ Gerne hätten wir Mo Asumang noch länger zugehört und viel mehr Fragen gestellt. Der Gesprächsbedarf war immens, aber dann wartete auch schon der Flieger zum nächsten Drehort. Für diese intensiven Einblicke und die anschließende, sehr persönliche Gesprächsrunde bedanken wir uns sehr herzlich bei Frau Asumang. Außerdem bedanken wir uns bei dem Kommunalen Integrationszentrum Wuppertal und Frau Jahn, die diesen Kontakt hergestellt und die Veranstaltung ermöglicht hat. VIV